Der letzte Mensch

Ein Monodrama von Ingo Munz, mit Friedrich Nietzsche und einer Flasche Rotwein

Der letzte Mensch: Jetzt lieben! Ingo Munz

»Für den wird es verzwickt, der im Nihil sich verstrickt.«

Zeitpunkt: irgendwann in der Zukunft
Ort: irgendwo im Nichts
Ausstattung: ein Stuhl; eine schwarze Kiste, die als Beistelltisch dient; darauf eine Weinflasche, ein Glas

Stimme: Der letzte Mensch, einst ein angesehener Philosoph und Hirnforscher, hat, mehr aus einem Versehen heraus, die Menschheit vernichtet. Nun findet er sich vor, allein. Hört, was er zu sagen hat:

Der letzte Mensch:
So… (Pause, schaut sich um)
Kalt ist’s. (nippt an seinem Weinglas, blickt zum Boden)
Da also sitz ich nun. Was ist denn bitteschön geschehen? (Pause, schüttelt mit dem Kopf)
Kann mir irgendeiner sagen, was bitteschön passiert ist? Weiß hier vielleicht irgendeiner irgendwas? (senkt seinen Kopf, sagt ganz leise) Weiß hier vielleicht irgendeiner irgendwas? (Pause, hebt seinen Kopf gen Himmel, brüllt) Nietzsche! Niiiietzsche? Nietzsche, kannst mich hörn? (etwas beruhigter)

Und also, sprach der letzte Mensch, Ha (Pause), deine Wahrheit, dein bewegliches Heer von Metaphern, nun ist’s auch tot, denn mein Heer steht fest, nix geht, nix fließt mehr. Die Wahrheit, zementiert ist sie, in meiner erbärmlichen Rübe. (blickt wieder nach Vorne ins Nichts, lächelt)

Ha, alles fließt, so ein Blödsinn! (bäumt sich auf und blickt aufgeregt um sich)

Nein, hier ist keiner mehr. Keiner kann mich beobachten. Endlich ist Feierabend mit dem Beobachten. Keine Beobachter mehr. Hörst, Luhmann? Hörst, auskonstruiert hat es sich. Endlich hat es sich auskonstruiert! Endlich ist einer im Besitz der Wahrheit. Ich bin im Besitz der Wahrheit, denn ich bin der letzte Mensch. (Pause)
Alles konstruiert. (blickt um sich)
Pah, drauf geschissen. Das ist es. (trinkt von dem Wein)
Das ist also die Wahrheit, ich trinke und bin allein. Ja, jetzt darf ich’s endlich sagen, die Wahrheit – ich trinke und bin allein. (er blickt um sich, lange Pause)

Ja, die Wahrheit ist: (blickt um sich, nickt mit dem Kopf)

Als noch andere Menschen da waren, ist’s schöner gewesen, viel schöner, aufregender. Das ist die Wahrheit, meine Wahrheit, denn endlich bin ich der letzte Mensch. (Pause, dann leise) Als noch andere da waren, ist’s schön gewesen. (Pause)

Na ja, die Wirklichkeit sieht anders aus. (blickt um sich)
Kalt ist’s! (er verschränkt seine Arme und reibt mit den Innenseiten der Hände die Oberarme, ihn fröstelt es, seine Beine schlottern)
Verdammt kalt ist es hier. (er senkt seinen Kopf und blickt auf seine Fingerkuppen, er bläst tief durch seine Backen)
Hmmm. (er schließt die Augen, schüttelt leicht den Kopf, lächelnd)
Is’ ja total langweilig hier!
Tssss (er bäumt sich auf, reibt seine Hände)
Na ja! (Er stellt ganz langsam und behutsam die Flasche und das Glas von der Kiste, öffnet die Kiste und holt einen Revolver hervor. Mit stoischer Ruhe und gewöhnlicher Miene hält er den Revolver an seine Schläfe und schießt sich tot.
Sofort Licht aus, Vorhang von oben nach unten. Nach einigen Sekunden Projektion auf den Vorhang: Amorkratie. Jetzt! Der Vorhang darf in keinem Fall wieder geöffnet werden; auch nicht für die Verbeugung des Schauspielers vor dem Publikum.)

»Der letzte Mensch« wurde im Mai 2007 uraufgeführt am Theater Oberhausen.

Lovis Löwenthal empfiehlt

Was ist Amorkratie?

Amorkratie halten viele für einen Witz, ich aber meine es ernst!

Verwechslungsgefahr

Die Amorkratie ist sehr einfach, aber nicht einfach zu beschreiben. Die oft vernommene Verwechslung mit der »Polyamorie«, dem Christentum, dem Pazifismus oder gar der Polygamie ließ mich zunächst verzweifeln, dann anfangen zu schreiben. Fast alle meine Texte sind »amorkratisch«. Durch den Roman »Das Nichts und die Liebe« findest Du einen Einstieg.

Die CD »Klavierpoesie«

Meine Lyrik ist zumeist »amorkratisch«. Wie ich das meine, erfährst Du in meinem, Achtung!, sehr ausführlichen literarischen Verständnis Lyrik.
Gemeinsam mit Alexandra Danshova, wir treten auf unter dem Namen »Klavierpoesie«, entstand eine weitere Interpretation der Hymne »Bei Tageslicht betrachtet«.

Amorkratische Werke, u. a.:

Der Roman »#Liebe«
Der Roman »Das Nichts und die Liebe«
Das Theaterstück »Der Teufel im Erdenloch «
Die einfache Poesie »Wir lieben, wir lieben nicht«
Die Miniatur »Bei Tageslicht betrachtet«
Das Hörspiel »Das Türenkonzert«
Das Monodrama »Der letzte Mensch«
Die Miniatur »Man sollte Griechenland ausplündern«
Die Miniatur »Gespräch über die Wolken«

Die amorkratische Hymne anhören

Eine Interpretation gemeinsam mit Volker Troche (Komposition und Bass)

Bei Tageslicht betrachtet

von Die Flurpoeten

Die Amorkratie in Bildern

Nachdenken ... lieben